Forschungsverbund
Als die ersten Verträge zur Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) in Nordrhein vergeben wurden, haben wir alle zusammen Neuland betreten. Keiner wusste genau, wie man richtig und gut SAPV macht. Die Gründung des Verbund der SAPV-Teams Nordrhein e.V. (VSTN e.V.) erfolgte 2013 auch zum Austausch unter den SAPV-Teams im Rahmen der Qualitätssicherung. Es entwickelte sich ein gemeinsames Verständnis der SAPV-Richtlinien, des regionalen SAPV-Vertrages und, darauf basierend, eine ähnliche Handlungsweise und Dokumentation. Die Routinedokumentation erfolgt immer über die EDV und wurde schrittweise unter den Teams harmonisiert. Als Qualitätssicherungsmaßnahme erfolgte die erste Datenextraktion im Verbund 2017 mit der Angabe einer Benchmark für jedes teilnehmende SAPV-Team [1].
Mittlerweile haben wir knapp 50.000 komplette Behandlungsverläufe anonymisiert gespeichert, die Daten sind repräsentativ für die SAPV-Tätigkeit in Nordrhein. Sie enthalten klinische Daten, die eine Vielzahl von Aspekten beleuchten; Symptome, Behandlung, Vorsorgeinstrumente, häusliche Versorgungssituation, Sterbeorte etc. Die im Verbund durchgeführten Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Dokumentation erhöhen die Verlässlichkeit der Daten und machen sie sehr geeignet auch zur wissenschaftlichen Arbeit.
Der VSTN e.V. setzt sich für den Fortbestand und die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Basis und der damit verbundenen evidenzbasierten Leistungserbringung in der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung ein
mit Vertreter/innen von:
- Institut für Medizinische Biometrie, Informatik und Epidemiologie (IMBIE), Bonn
- Lehrstuhl für Allgemeinmedizin I und Interprofessionelle Versorgung, Witten/Herdecke
- Verbund der SAPV-Teams Nordrhein e.V. (VSTN e.V.)
Erste wissenschaftliche Arbeiten haben relevante Ergebnisse erbracht. Patienten und Patientinnen mit einer nicht-malignen Erkrankung haben eine höhere Symptomlast mit mehr Verwirrtheit, Luftnot, Schwäche und Appetitverlust bei der Aufnahme in die SAPV. Patienten und Patientinnen mit maligner Erkrankung zeigen mehr Übelkeit und Erbrechen. Schmerzen waren zwischen beiden Gruppen gleich ausgeprägt.
Allgemeine Schwäche, Karnofsky-Index und Alter sind die entscheidenden Faktoren für eine kurze verbleibende Lebenszeit. Der Unterschied, ob Maligne- oder Nicht-maligne Erkrankung, ist hierfür jedoch irrelevant. Der klinisch auffällige Unterschied, mit einer kürzeren Verweiltzeit in der SAPV, für Patienten und Patientinnen mit einer Nicht-malignen Erkrankung ist somit der späteren Aufnahme in die SAPV mit weiter fortgeschrittener Grunderkrankung und Schwäche geschuldet, nicht der Art der Erkrankung [2].
Wer sich an der Forschungstätigkeit beteiligen möchte, ist herzlich eingeladen, sich an den VSTN e.V. zu wenden.
[1] (2020): Aggregierung von elektronisch dokumentierten Versorgungsdaten verschiedener SAPV-Teams für jährliche Qualitätsberichte, 19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung doi: 10.3205/20dkvf142, urn:nbn:de:0183-20dkvf1424
[2] (2021): Factors influencing length of survival in ambulatory palliative care - a cross sectional study based on secondary data.
In: BMC Palliative Care, 20. Jg.; Artikel 69. DOI 10.1186/s12904-021-00762-x